Was das Urteil des Bundesfinanzhofs für Sie bedeutet
Seit Jahren sorgen die Steuerzinsen für Diskussionen. Besonders die Zinsen auf Steuererstattungen und Steuernachzahlungen wurden immer wieder als zu hoch kritisiert. Bereits 2021 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass der Zinssatz von 6 Prozent jährlich verfassungswidrig ist. Infolgedessen hat der Gesetzgeber diesen Zinssatz auf 1,8 Prozent gesenkt. Doch das betrifft nur bestimmte Zinsen. Für andere Zinssätze im Steuerrecht, wie z. B. Aussetzungszinsen oder Stundungszinsen, gelten weiterhin unveränderte Regelungen. Jetzt hat der Bundesfinanzhof die Steuerzinsen erneut dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.
Warum sind die Steuerzinsen so wichtig?
Steuerzinsen können für Steuerzahler erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Zinsen werden nicht nur auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen erhoben, sondern auch in anderen steuerlichen Situationen. Zum Beispiel:
- Stundungszinsen: Wenn Sie Ihre Steuerzahlung aufschieben lassen.
- Aussetzungszinsen: Wenn Sie Einspruch gegen einen Steuerbescheid einlegen und die Zahlung bis zur Klärung der Streitfrage aussetzen.
- Hinterziehungszinsen: Diese Zinsen fallen an, wenn Steuern absichtlich nicht gezahlt wurden.
- Prozesszinsen: Diese entstehen, wenn Erstattungsbeträge aufgrund eines gerichtlichen Verfahrens verzinst werden müssen.
Viele dieser Zinsen liegen weiterhin bei 0,5 Prozent pro Monat, also 6 Prozent im Jahr. Doch ist das in Zeiten niedriger Zinsen noch gerechtfertigt?
Aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs über die Höhe der Steuerzinsen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 8. Mai 2024 in einem aktuellen Fall (AZ. VIII R 9/23) entschieden, dass die Höhe der Zinsen für die Aussetzung der Vollziehung (Aussetzungs-Zinsen) überprüft werden muss. Der Steuerzahler in diesem Fall hatte einen Steuerstreit aus dem Jahr 2012. Während des Rechtsstreits wurden die strittigen Zahlungen, darunter Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag, ausgesetzt. Am Ende des Verfahrens musste der Steuerzahler nicht nur die Steuern zahlen, sondern auch Zinsen in Höhe von insgesamt 8.814 Euro für die Einkommensteuer und 526 Euro für den Solidaritätszuschlag.
Der betroffene Steuerzahler wandte sich daraufhin erneut an das Gericht und argumentierte, dass die Aussetzungs-Zinsen seit dem 1. Januar 2019 verfassungswidrig seien. Der Grund: Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor entschieden, dass Zinsen auf Steuererstattungen und Steuernachzahlungen in Höhe von 6 Prozent nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Sind 6 Prozent Steuerzinsen noch verfassungsgemäß?
Die Richter des Bundesfinanzhofs haben nun Zweifel, ob der Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat (also 6 Prozent jährlich) für Aussetzungszinsen verfassungsgemäß ist. Seit 2019 herrscht in Deutschland eine Niedrigzinsphase, und die Zinssätze auf dem freien Markt sind erheblich gesunken. Ein Zinssatz von 6 Prozent für steuerliche Zinsen scheint vor diesem Hintergrund unverhältnismäßig hoch. Die BFH-Richter sehen hier eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu den mittlerweile gesenkten Zinsen für Steuererstattungen und Steuernachzahlungen. Aus diesem Grund wurde die Frage der Verfassungsmäßigkeit dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.
Was bedeutet das für Sie als Steuerzahler?
Sollte das Bundesverfassungsgericht erneut entscheiden, dass die Höhe der Zinsen verfassungswidrig ist, könnte das weitreichende Folgen haben. Es betrifft nicht nur die Zinsen für die Aussetzung der Vollziehung, sondern auch:
- Stundungszinsen (§ 234 Abgabenordnung – AO): Wenn Sie eine Stundung Ihrer Steuerzahlungen beantragen, werden derzeit Zinsen von 6 Prozent jährlich erhoben.
- Hinterziehungszinsen (§ 235 AO): Diese Zinsen werden bei Steuerhinterziehungen fällig und liegen ebenfalls bei 6 Prozent pro Jahr.
- Prozesszinsen (§ 236 AO): Sie fallen an, wenn Ihnen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Steuern erstattet werden und müssen ebenfalls verzinst werden.
Auch die Höhe der Säumniszuschläge, die bei verspäteten Steuerzahlungen fällig werden, könnte durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts überprüft werden.
Was können Sie jetzt tun?
Wenn Sie Steuerbescheide erhalten, die Steuerzinsen betreffen, sollten Sie diese aufmerksam prüfen. Insbesondere wenn es sich um Steuerzinsen ab dem Jahr 2019 handelt, können Sie möglicherweise Einspruch einlegen. Hier einige Tipps, wie Sie vorgehen können:
- Einspruch erheben: Wenn Sie Bescheide über Stundungszinsen, Hinterziehungszinsen, Prozesszinsen oder Aussetzungszinsen erhalten, können Sie Einspruch einlegen. Begründen Sie diesen Einspruch mit dem Hinweis auf die anhängige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
- Verfahren ruhen lassen: Beantragen Sie das Ruhen des Verfahrens, bis das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung getroffen hat. Geben Sie dabei das entsprechende Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs (VIII R 9/23) an.
- Fristen beachten: Denken Sie daran, dass der Einspruch innerhalb eines Monats nach Erhalt des Steuerbescheids erfolgen muss.
Wie könnte das Bundesverfassungsgericht zu den Steuerzinsen entscheiden?
Es ist schwer vorherzusagen, wie das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Höhe der Steuerzinsen entscheiden wird. Doch die Tatsache, dass es bereits 2021 einen ähnlichen Zinssatz für verfassungswidrig erklärt hat, lässt vermuten, dass auch diesmal eine Senkung der Steuerzinsen möglich ist. Dies würde vielen Steuerzahlern zugutekommen, die in den letzten Jahren hohe Steuerzinsen auf ihre Steuernachzahlungen oder Stundungen zahlen mussten.
Fazit: Prüfen Sie Ihre Steuerbescheide genau
Die Steuerzinsen im Steuerrecht sind ein komplexes Thema, das immer wieder für Unsicherheit sorgt. Durch die aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs und das bevorstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichts könnte sich hier einiges ändern. Als Steuerzahler sollten Sie aufmerksam bleiben und mögliche Einsprüche rechtzeitig einlegen, wenn Sie Zinsbescheide erhalten. Nutzen Sie die Gelegenheit, das Verfahren ruhen zu lassen, und warten Sie auf die Entscheidung des Gerichts. Denn falls die Steuerzinsen tatsächlich gesenkt werden, könnten Sie erhebliche finanzielle Vorteile daraus ziehen.
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